Psychotherapie
Erschöpfung ist ein Prozess [ein Voranschreiten] in dem die Richtung wieder umgekehrt werden kann und soll. Sie wollen die Treppe wieder hinaufgehen. Psychotherapie hat ihren wichtigsten Auftrag bei Erkenntnisvorgängen und bei einer Verhaltensänderung. Es geht um die Erkenntnis des Preises der bisherigen Lebensführung.
- Reflexion eigener Anteile (z.B. persönliche Verwundbarkeit)
- Bewußtwerden der Zusammenhänge (wo passen meine Persönlichkeitsstruktur und die äußeren Auslöser "gut" zusammen)
- Identifizieren der Auslöser (Gegenwehr, aktive Veränderung, Abgrenzen)
- Aufbau von Schutzfunktionen oder gesundheitsfördernden Möglichkeiten
- Klärung von Sinnfragen
Je nach Schweregrad gehört Burnout in fachkundige Hände. Es braucht dann wie bei einer anderen chronischen Erkrankung eine Behandlung durch PsychotherapeutInnen und möglicherweise auch medizinische Hilfe.
Die Psychotherapie bringt immer einen kritischen Blick auf Ihr bisheriges Rollenrepertoire, damit sind die persönlichen Handlungsstrategien gemeint. Es könnte gut sein, dass bestimmte Rollen überlastet sind, weil andauernd im Einsatz - und andere noch nicht bekannt. (Ansatz aus der Psychodramatherapie).
Psychotherapie ist so etwas wie "vor Anker gehen", den eigenen Platz wieder finden - aber auch Ruhe, Rekreation und Auftanken von Reserven. Eine Art sicherer Hafen.
In einer Gruppenpsychotherapie wird sicher auch der Rückzug ein Thema sein, unausgewogene Rollenverteilung kann sichtbar und veränderbar werden. Die Gruppe bringt sicherlich den Vorteil, mit dem oft schambesetzten Thema nicht mehr alleine zu sein, unter "Wissenden" zu sein. Ziel kann sein, die eigenen inneren Antreiber zu erkennen und durch Stärken anderer Anteile einen Ausgleich herzustellen. Überhaupt ist die Gruppe ein sehr effizientes Lernfeld für Erschöpfte.
Burnout als "verbranntes Land" ?
Das Feuer des ständigen übermäßigen Einsatzes bringt einen hohen Energiebedarf mit sich. Psychodramatisch gesehen kann ein Lösungsweg möglicherweise mehr hin zu "nährenden" Rollenerfahrungen. Was ist damit gemeint? Beispiele:
- Entlasten - Arbeiten deligieren, Umverteilung,
- Psychotherapie - Zeit für sich schaffen,
- berufsbegleitende Fortbildung (neue Werkzeuge),
- regelmäßige Supervision oder Coaching (rechtzeitige Psychohygiene),
- Jobwechsel in neuen Bereich (andere Herausforderungen und Ressourcen),
- Spannung durch mehr Körperbewegung loswerden,
- sich selbst "beruhigen" und trösten lernen,
- sich selbst eine gute Mutter/Vater zu sein lernen,
- Schutzfunktionen finden und bewahren,
- nährende Erfahrungen wiederfinden,
- Vielfalt statt Einseitigkeit - auf allen Ebenen des Daseins.
Psychotherapeutischer Ansatz
Die psychotherapeutische Arbeit könnte beispielsweise an Ihren "Glaubenssätzen" oder Lebensskripts ansetzen. Nachdem sich Erwachsene nicht mehr grundlegend in ihrer Persönlichkeit ändern, kann aber daran gearbeitet werden, wo und in welchem Kontext manche dieser Strategien schadlos gelebt werden könnten - und wo dies nicht ratsam ist. Erweiterung des persönlichen Rollenspektrums und der Anspassung.
In einer Psychotherapie könn(t)en die persönlichen Grundmuster bearbeitet werden, welche häufig durch entsprechende Arbeitsbedingungen getriggert ("eingeschalten") werden.
Dazu stelle man sich z.B. einen Menschen vor, der von seiner Grundanlage zum Perfektionismus neigt (die Entstehungsgeschichte dazu könnte in einer Psychotherapie aufgearbeitet werden), der sich von überfordernden Vorgesetzten oder völlig überhöhten Betriebszielen ständig zu neuen Höchstleistungen pushen läßt. Dazu noch mehr Überstunden, ohne Nein, ohne Achtsamkeit auf Grenzen des dauerhaft Machbaren. Wie kann ein solchermaßen (von früheren Erfahrungen) geprägter Mensch in der heutigen Zeit zu neuen Strategien finden? Dabei begleitet Psychotherapie.
In einer Psychotherapie werden Glaubenssätze und Wertvorstellungen angesprochen, neu beleuchtet und auf Aktualität geprüft. Die Handlungsstrategien werden ihrem Preis gegenübergestellt. Zumeist müssen dadurch Entscheidungen in Bezug auf die aktuelle Lebensführung neu getroffen werden.
Verhaltensänderung basiert auf neuen Entscheidungen. Eine Psychotherapie wird Sie in einer schwierigen Phase begleiten, bis Sie selbst wieder Perspektiven gefunden haben. Psychotherapie bietet dabei seriöserweise keine vorgefertigten Lösungen sondern verhilft zu Selbsthilfe und -erkenntnis.
Die Rolle der Wertvorstellungen
Bestimmte Handlungsstrategien sind nicht vorstellbar, weil Ihre bisherigen Werte damit kollidieren. Z.B "... immer zuerst an die anderen denken ...alles andere ist egoistisch(?)". Häufig sind es auch Maxime, die an Geschlechterrollen gebunden sind: "Eine gute Frau/Mutter tut nie ... ein echter Mann sollte immer, ...als perfekte/r) ... als gewissenhafter ...
Nach solchen Einleitungen folgen häufig einseitige und langwährende, am besten ewig(?) geltende Zuschreibungen. Verlangt wird u.a. Leistungsanforderung, Aufopferung, Selbstverzicht, Verhärtung gegenüber Bedürfnisänderungen, gleichbleibendes Aushalten von Belastung, Verzicht auf Erholunge, Härte zu sich selbst, etc. Mag sein, dass dies für die Eltern in Nachkriegszeiten eine wichtige Handlungsbasis gewesen ist - ist es das jetzt für mich noch?
Matthias Burisch (D) erforschte, dass bei Burnout-Betroffenen die folgenden sogenannten "Glaubenssätze" sehr häufig angetroffen werden können:
- "Meine Arbeit ist mein Leben".
- "Die Dinge müssen so laufen, wie ich will".
- "Um meine Arbeit leisten zu können, ist es wichtig, dass ich von allen geschätzt werde, mit denen ich arbeite".
Ebenso wurden bei Burnout-Betroffenen drei vorherrschende "Lebensskripts" bzw. Leitlinien gefunden:
- "Bau nur auf dich selbst".
- "Meine Weltsicht ist die einzig richtige".
- "Ich werde ans Ziel kommen und wenn es mich umbringt" (Burisch, 1994).
Vertiefende Fragen
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M. Burisch's Erkenntnissen folgend drängt sich für eine Psychotherapie die Frage auf, warum zum Beispiel vorwiegend die Arbeit/ Pflicht ein Lebensziel geworden ist - was daran so attraktiv ist - eine Gegenfrage dazu: "Was ist an anderen Lebensbereichen für Sie so unattraktiv geworden?"
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Dann: Wenn alle Dinge immer so laufen sollen, wie ich es will, ... bedeutet dies eigentlich, ständig was machen zu müssen, ständige Kontrolle der Prozesse um mich herum - Anstrengung. Woher kommt diese Absicht? Gibt es Querverbindungen zu Erfahrungen mit dem Thema Leistung in früheren Zeiten?
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Muß ich von allen geschätzt werden und worin besteht der Preis dafür? Kann ich mich selbst schätzen? Habe ich das selbst erfahren oder es vermißt?
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Wie steht es um mein Vertrauen in "die Welt", wenn etwas nur selbst Gemachtes sicher zu sein scheint? Wie bin ich da geprägt worden - Was davon gilt heute noch?
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Welche Wertvorstellungen haben mich geprägt, was passt heute noch, was ist aber unzeitgemäß? Welche Wertmaßstäbe wirken für mich heute sogar destruktiv?