Burnout Theorie[en]
Wie das Thema derzeit wissenschaftlich gesehen wird. Vielleicht erkennen Sie Ihre Situation in dem einen oder anderen Zitat wieder. Burnout kann aus unterschiedlichen Perspektiven definiert werden, das Ergebnis hängt somit vom Blickwinkel ab.
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Aus individueller Sicht ::: Habe ich als Person einen Hang zum mich verausgaben, was trage ich persönlich dazu bei, was ist mir wichtig/unwichtig, wie bin ich geprägt, wie gut bin ich ausgestattet und was mache ich daraus?
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Aus struktureller Sicht ::: Ist die Firma "schuld", ausbeuterische Strukturen, inkompentente Leitung, KollegInnen, schlechte Wirtschaftslage, ..., Umstrukturierung, Zerschlagung von eingespielten Teams und über Jahre aufgebaute Strukturen, Privatisierungsboom, sharholder value als absolutes Credo.
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Aus gesellschaftlicher Sicht ::: Was ist "gut" , rechtens, wichtig im Leben, was hat Vorrang in der Versorgung, Bedürfnisbefriedigung, welche Werte sind aktuell wichtig, welche gingen verloren?
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Aus der Sicht der Forschung ::: Stressforschung, Neuromedizin, Psychologie, Psychotraumatologie
Vom klinischen Erscheinungsbild jedenfalls zeigt sich Burnout uneinheitlich. Aber fragen Sie einen Arzt einmal nach den Ursachen für Bluthochdruck - sind hier eindeutige Antworten möglich?
Definitionen
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Unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsbildung (Salutogenesekonzept) könnte Burnout als beginnendes Fehlen von gesundheitserhaltenden Faktorenim Arbeits- bzw. Pflichtenbereich gesehen werden. Erschöpfung beginnt dort, wo Schutz und Ausgleich davor fehlen.
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„Burnout ist ein Maßstab für die Diskrepanz zwischen dem Wesen eines Menschen und dem, was er in seiner Arbeit tun muss.“ (nach Maslach/Leiter)
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Man versteht Burnout als eine Folgereaktion anhaltender innerer und äußerer aufgabenbezogener Belastungsfaktoren, denen nicht genügend Ressourcen entgegengesetzt werden können. (nach L. Tomaschek-Habrina)
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… der Versuch einer Person, unrealistische Erwartungen (ob selbst gesetzt oder vom Wertesystem der Gesellschaft aufgezwungen) mit allen verfügbaren Kräften zu verwirklichen kann Burnout verursachen. (nach Freudenberger)
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„Die jenigen, die zu viel arbeiten, vergessen zu oft den Unterschied zwischen einem „reifen“ und einem solchen Engagement, das Zeichen eines persönlichen Bedürfnisses ist, akzeptiert und gemocht zu werden. (Freudenberger)
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„Das Ausbrennen ist das Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensivem Einsatz für andere Menschen. (Nach Pines, Aronson und Kafry)
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Burnout wird durch Tätigkeitsmerkmale und Persönlichkeitsmerkmale beeinflußt. (nach Rudow)
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Ihre Definition? Eine wichtige Frage für die kommende Psychotherapiestunde.
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Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Wie ich es sehe
Burnout „gedeiht“ auf dem Boden individueller Ansätze und kann durch bestimmte Anforderungen im Lebenskontext (Arbeit, Familie, biografische Ereignisse) zu einem leidvollen Wachstum stimuliert werden.
Die Auflösung und Heilung davon erfolgt ebenfalls auf beiden „Bühnen“. Zunächst benötigen Betroffene eine längere Pause von der Belastungssituation und parallel dazu beginnen sie dann bei sich selbst mit der Veränderungsarbeit.
Jede/r kann an Burnout erkranken, nicht nur die besonders Engagierten. Ein paar freie Tage reichen dann nicht (mehr) aus – erst Achtsamkeit und aktive Veränderung verbunden mit Arbeit an sich selbst führen einen wieder heraus.
Die Entstehungsursachen sehe ich breit gestreut: Person und ihre Disposition, Veränderung an der Ressourcenlage (komplexere Aufgaben bei weniger Zeit), soziale Situation und Geschlechterrollen, Arbeitsbedingungen, gesellschaftliche und sozialwirtschaftliche Einflüsse (z.B.Umstrukturierung von Unternehmen), Wertewandel (Trend von Staat zu privat).
Das Erscheinungsbild reicht von schweren körperlichen Einschränkungen hin zu Depression oder Angstzuständen. Unruhe, Spannung und Schlafstörungen sind nahezu in allen Fällen dabei. Wann jemand in welche Richtung reagiert ist schwer zu sagen. Geht Burnout mit starken Verletzungen des Selbstwertgefühles einher, mündet dies oft in Depression. Kontrollverlustsituationen (so dies für die jeweilige Person bedeutsam ist) enden tendenziell eher in Angst/Panikstörungen.
Zur besseren Veranschaulichung haben Fachleute auch sogenannte Phasenmodelle entwickelt.
Weitere Modelle siehe auch unter Anzeichen von Burnout.
Bild Phasenmodell nach Freudenberger